Selbstorganisation - mehr Spielraum für gesunden Menschenverstand in Zeiten künstlicher Intelligenz

"Selbstorganisation ist eine Bewältigungsstrategie bei ungewisser Lage und zugleich

die Kunst des zielorientierten Zusammenspiels unterschiedlicher Akteure"

Leitgedanken zum Workshop "Selbstorganisation"

 

Umdenken und Paradigmenwechsel nötig Technologische Entwicklungen und der Wandel individueller und gesellschaftlicher Wertehaltungen prägen moderne Arbeitswelten und neuartige Vorstellungen zur Organisations- und Rollengestaltung in Institutionen und Projekten. Kompetentes Handeln in der Arbeitswelt 4.0 zeigt sich folglich verstärkt in der Art, wie die Menschen sich selbst und ihre Umwelt wahrnehmen, wie sie denken, sich äussern und urteilen. Zielführende Orientierung und handlungsleitende Kooperation in modernen Arbeitswelten erfordern insbesondere verlässliche und nachvollziehbare Formen der Unterscheidung zwischen Fakten, Argumenten und Fake News - kurz: Wesentliche Veränderungen über eine digitale Transformation hinaus.

 

Nicht ignorierbare Herausforderungen wesentlicher Veränderungen Das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure (Personen, Institutionen, Märkte, Roboter, Avatare u.v.m.) erfordert von Mitarbeitenden und Führungskräften neben der aufgabenbezogenen Verantwortung in betrieblichen Prozessen auch dauernd Anpassungen und flexible Vorgehensweisen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen. Die Praxis zeigt, dass sich durch neuartige Herausforderungen zusätzlich die bestehenden Probleme und Anzeichen der Überforderung in den gewohnten Arbeitsabläufen verstärken (z.B. zu wenig Ressourcen, divergierende Interessen und systembedingte Konflikte). Natürlicherweise können so neue Lösungsansätze, Abweichungen von Routinen und Gewohnheiten, neuartige Arbeits- und Lernprozesse (z.B. durch Umstellung auf Remote Working) zunächst zu Verunsicherung, zur Verstärkung von Vorurteilen oder zu wirkungslosen Massnahmen und Passivität führen. Erwünschte Persönlichkeits- und Organisationsentwicklungen gilt es folglich gezielt zu fördern. Hilfestellungen zur Selbstreflexion und förderliche Rahmenbedingungen für pro-aktive Veränderungen (Selbstbeurteilung, Selbstermächtigung, Regulations- und Entscheidungsfähigkeit, Handlungsspielraum u.ä.) sind daher notwendig. Das Bestehen in der Arbeitswelt 4.0 bedingt somit unausweichlich ein  Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure, d.h. eine sinnvolle Ausrichtung des Tuns aus Sicht der Mitwirkenden, der Fachbereiche und der Institutionen in ihrem spezifischen Wirtschafts- oder Funktionskontext.

 

Orientierung durch Diversität, Transparenz und Inklusion Der Trend zu mehr selbstorganisierten Arbeitsformen kann als Ausdruck davon verstanden werden, den Folgen gesteigerter Komplexität und zunehmender Digitalisierung in Unternehmen, fehlenden Ressourcen und der Gefahr von Burnouts durch mehr Spielraum für Individualität in der Umsetzung entgegenzuwirken. Mitarbeitenden sollen im Rahmen selbstverantwortlicher Rollenübernahmen ihre Arbeitszeiten und -orte weitgehend selbst bestimmen können. Chancen und Herausforderungen liegt dabei in ganzheitlichen und nachvollziehbaren Beiträgen zum Wohlergehen sowohl des Unternehmens als auch der Mitarbeitenden. Eine situative und systematische Unterscheidung von Argumenten (handlungsleitende Informationen) und Fake Neus (manipulative Desinformation) vermittelt in diesem ungewissen Kontext rasch umsetzbare Orientierungshilfen. Der gesunde Menschenverstand (in der Bedeutung von Erfahrungswissen, natürlicher Urteilskraft, organisationaler Intelligenz, situativer Handlungskompetenz u.ä.) erzeugt dabei relativ verlässliche Anhaltspunkte beim notwendigen Wagnis des «Fahrens auf Sicht». Durch seine rasche Verfügbarkeit und die individuelle Ausprägung ist er auch in modernen Arbeitswelten unverzichtbar, beispielsweise für anschlussfähige Entscheidungen, verbindliche Ziele, umsetzbare Lösungen oder nachhaltige Ergebnisse.

 

Gesunder Menschenverstandes und Arbeitswelten 4.0 Umwelteinflüsse und Netzwerke statt Strategien und Prozessstrukturen bestimmen immer stärker über Erfolg oder Scheitern von Unternehmen und Projekten und machen beteiligte Personen so zu Betroffenen modernerer Arbeitswelten, unabhöngig derer Ansprüche, Verantwortlichkeiten oder Befugnissen. Diese hierarchiefreie Betroffenheit schränkt zudem die Wirkung klassischer Führungs-, Organisations- oder Beratungsansätze stark ein. Im Gegenzug gewinnen Selbstorganisation und gesunder Menschenverstand im Sinn organisationaler Kompetenz und Wirksamkeit bzw. nachhaltiger Ressourcennutzung zunehmend an Beachtung. Dieser Umstand begründet gleichermassen den notwendigen Paradigmenwechsel in der Leitung von Institutionen, Projekten und Teams sowie ein Umdenken in der Erfüllungen von Aufgaben und Verantwortlichkeiten (z.B. Risikomanagement, betriebliches Gesundheitsmanagement u.v.m.): Selbstorganisiertes Handeln begünstigt natürlicherweise einen individuellen, werteorientierten Umgang mit Problemen, Konflikten und Risiken statt das Befolgen von Anweisungen und Regeln. Ausgangspunkte zur Stärkung selbstorganisierten Handelns in Institutionen und Projekten sind daher der Wille, die Fähigkeit und Fertigkeiten, um neuartige und zukunftsoffene Situationen in einem gemeinschaftlichen Sinn zu klären und zu bewältigen. Führung in der Selbstorganisation erfordert desshalb die Stärkung von Selbstmanagement, Reflexions- und Urteilsfähigkeit sowie eine förderliche Lenkung bzw. nachvollziehbare Umsetzung gemeinschaftlicher Werteentwicklungen.